Heft 24 (2020): Liebe

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Inhalt

Editorial

Aufsätze

Liebe und Emotionen. Erschöpft sich Lieben im Fühlen? (Anna Mense)

Liebe und Konflikte zwischen identitätsstiftenden Werten (Michael Kühler)

Liebe und Individualität. Überlegungen zum Phänomen der Unersetzbarkeit (Falk Hamann)

Interview

Fragen zur Bedeutung der Liebe für den Menschen

an die Philosophin Frauke A. Kurbacher
an die Theologin Julia Meszaros
an den Psychologen Matthias Turza

Leseprobe

Hannah Arendt: Der Liebesbegriff bei Augustin (Tatjana Noemi Tömmel)

Rezensionen

Angelika Krebs: Zwischen Ich und Du (Lars Osterloh)

Roger Scruton: Death-Devoted Heart (Pirmin Stekeler-Weithofer)

Buchnotizen

Eva Illouz: Warum Liebe endet (Claire Plassard)

Kate Manne: Down Girl (Markus Wolf)

Kolumne

#MeToo und der irritierende Konsens über Konsens (Peter Wiersbinski)

Autorinnen und Autoren

Impressum

Heft 20 (2014): Zeit

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Interview
Das Maß der Zeit. Peter Janich im Gespräch mit PHILOKLES über das richtige Verständnis von Zeit und die Rolle der Zeitmessung

Aufsätze
Wo ist die Zeit, bevor sie gemessen wird? Über das Verhältnis von Bewegung und Zeit bei Aristoteles  (Michael Vogt)

Zeitallgemeinheit und Zeitlichkeit im Weltbezug und Weltverlauf. Überlegungen zum Zeitbegriff im Anschluss an Hegel  (Pirmin Stekeler-Weithofer)

McTaggarts Irrealität der Zeit  (Claudia Reich)

Das Wesen der Zeit  (Nikos Psarros)

Zeit und (menschliche) Existenz  (Andreas Luckner)

Rezension 
Ursula Coopes Time for Aristotle  (Michael Frey)

Leseprobe
Augustinus: Bekenntnisse, Elftes Buch  (ausgewählt und vorgestellt von Peter Heuer)

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Editorial

PHILOKLES erscheint diesmal nicht als Diskussionsheft. Vielmehr wurden fünf Aufsätze zusammengestellt, in denen es in vielfältiger Weise um ‚Zeit‘ geht. Auch wenn ‚Zeit‘ nicht an die ganz großen metaphysischen Themen, wie etwa Welt, Seele oder Gott heranreicht, ist sie doch ein wirkliches philosophisches Problem. Zeit, das lernen bereits Kinder, kann man nicht sehen und anfassen, aber irgendwie gibt es sie doch. Um sich ihrer zu vergewissern, muss man nachdenken, d. h. philosophieren. Zeit ist all­ge­gen­wärtig und so liegt es nahe, an ihrem Beispiel in die Seinsweise geis­tiger, abstrakter Gegenstände vorzudringen.

Über die Seinsweise abstrakter Gegenstände ist man sich innerhalb der Philosophie von jeher uneins. Es gibt drei prominente Positionen: den Nominalismus, den Rea­lismus und den Konzeptualismus. Nominalisten mei­nen, abstrakte Gegenstände seien nicht real existent, sondern nur im menschlichen Bewusstsein vorhanden. Realisten vertreten die gegenteilige Position, sie behaupten eine vom Bewusstsein unabhängige Realexistenz abstrakter Gegenstände. Konzeptualisten versuchen, einen Mittelweg zu gehen.

Michael Vogt führt seine Leser in die Zeittheorie Aristoteles’ ein. Aris­toteles vertritt eine konzeptualistische Position. Zeit hat für ihn einer­seits eine der Bewegung physischer Körper nachfolgende Realexistenz, an­dererseits aber auch ein Sein im menschlichen Bewusstsein. Michael Vogt diskutiert eine Reihe möglicher Auflösungen dieser scheinbaren Paradoxie und gelangt zu der Ansicht, dass es sich dabei um zwei verschiedene Arten von Zeit handelt.

Pirmin Stekeler-Weithofer entwickelt seine Überlegungen mit Bezug auf Hegels Kritik an Kants Auffassung von Zeit. Kant leugnet die Real­existenz der Zeit und erklärt sie zu einer vom Subjekt an die Wahr­neh­mungs­si­tu­ation herangetragenen Form der Anschauung. Hegel zeige, so Stekeler-Weit­hofer, dass eine solche Auffassung ‚mystisch‘ sei. Statt­des­sen sei Zeit als reiner (Hegel’scher) Begriff aufzufassen. Auch für Hegel habe Zeit keine Realexistenz. Vielmehr sei sie ein Konzept, über welches die Spre­cher­gemeinschaft immer schon verfüge und an dem der einzelne Spre­ch­er An­teil habe.

Claudia Reich berichtet über die Zeittheorie McTaggarts, eines Phi­losophen des zwanzigsten Jahrhunderts. McTaggarts Überlegungen zur Zeit lassen sich dem Neukantianismus zurechnen und kulminieren in der These, Zeit sei irreal.

Nikos Psarros versucht sich dem Thema ‚Zeit‘ eigenständig zu nähern. Er entwickelt dafür eine neue Begrifflichkeit und vertritt die ungewöhn-liche These, Zeit sei – ähnlich den sogenannten Transzendentalien – eine analoge Kategorie, die in jedem Bereich des Seins eine wesentlich andere Bedeutung habe. Um seine These zu verteidigen, vergleicht er die spe-zifische Zeitlichkeit von Gedanken mit der des physischen Seins.

Andreas Luckner erarbeitet eine Phänomenologie unseres subjektiven Zeiterlebens. Fragen, die ihn dabei interessieren, sind: Wie ist es zu er­klä­ren, dass es uns im Rückblick nach einer Reise so vorkommt, als sei die Zeit langsamer vergangen als sonst, während sie uns unterwegs wie im Flug zu ver­gehen schien? Insbesondere finden auch die Phänomene Lang­e­weile, Kurz­weil, Stress und Muße sein besonderes Augenmerk.

Ergänzt wird das Heft durch ein Interview mit Peter Janich, einem der wichtigsten Vertreter des Konstruktivismus bzw. Kulturalismus. Deren Po­sition versucht, die Gegenstände der Wissenschaften, unter ihnen die Zeit, in lebensweltlichen Praxen zu fundieren. Janich hat vor Jahren eine Protophysik der Zeit erarbeitet und antwortet vor diesem Hintergrund auf un­sere Fragen.

Unsere Rezension befasst sich noch einmal mit Aristoteles’ Zeittheorie, sie bespricht Ursula Coopes Buch Time for Aristotle, einen in jüngster Zeit entstandenen Aristoteleskommentar.

Als Leseprobe werden Ausschnitte aus dem elften Buch der Bekennt­nisse des Augustinus’ abgedruckt, in denen er seine Zeittheorie entwickelt. Sein besonderes Interesse gilt dem Verhältnis von Ewigkeit und Zeit­lichkeit. Auch Augustinus vertritt eine aristotelische Zeitauffassung und arbeitet sie näher aus. Er meint, dass die Zeit zwar zusammen mit der Be­we­gung der irdischen Dinge geschöpft worden sei, aber erst dann Voll­endung finde, wenn sie im menschlichen Bewusstsein gezählt und ge­mes­sen werde, d. h. zu ihrem wirklichen Sein gelange.

Die aristotelisch-augustinische Auffassung der Zeit motivierte auch die Auswahl des Titelbilds. Bei Sonnenuhren fällt bekanntlich der in Folge der Erdrotation wandernde Schatten auf eine von Menschen angefertigte Skala und misst so die Zeit. Auf diese Weise demonstrieren Sonnenuhren ein Zu­sam­­menspiel von kosmischer Bewegung und menschli­cher Vernunft. Son­nen­uhren sind zwar keine besonders genauen Zeit­messer, aber auf Grund ihrer Konstruktion wird das Geheimnis der Zeit, ein Zwitterwesen aus Natur und Geist zu sein, ein Stück weit sinnfällig. Dies ist bei anderen Arten von Uhren nicht in gleicher Weise der Fall.

Peter Heuer